Völlig unvorhergesehen fällt ein Mitarbeiter aus, wichtige Projekte müssen jedoch fortgeführt werden, ein Zugriff auf das E‑Mail-Postfach des Arbeitnehmers ist notwendig. Arbeitgeber sehen sich nun mit der rechtlichen Frage konfrontiert, ob sie auf das E‑Mail-Konto des Arbeitnehmers zugreifen dürfen. Brisant wird es dann, wenn Arbeitnehmer ihr E‑Mailkonto auch privat nutzen dürfen.
“Ist die private Nutzung des betrieblichen E‑Mail-Kontos ausdrücklich erlaubt worden, sieht sich der Arbeitgeber im Ernstfall Problemen gegenüber.” – Eileen Binder
Grundsatz
Möchten Arbeitgeber auf das E‑Mail-Konto des Arbeitnehmers zugreifen, handelt es sich dabei grundsätzlich um eine Verarbeitung personenbezogener Daten‑, der Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung und des Bundesdatenschutzgesetzes ist damit eröffnet. Beide Gesetze verlangen, dass die Datenverabreitung rechtlich erlaubt ist. Der Zugriff auf das E‑Mail-Postfach muss also über eine gesetzliche Grundlage legitimiert werden.
Im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen ist regelmäßig § 26 BDSG einschlägig. Danach darf der Arbeitgeber personenbezogene Daten des Arbeitnehmers verarbeiten, wenn dies zur Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses erforderlich ist.
Erforderlich bedeutet hierbei, dass eine Interessenabwägung stattzufinden hat. Um personenbezogene Daten von Arbeitnehmern verabreiten zu dürfen, müssen die Interessen des Arbeitgebers gegenüber den Interessen oder Grundrechten und ‑freiheiten des Arbeitnehmers überwiegen. So kann sich z.B. aus den Grundrechten eine mittelbare Wirkung ergeben. Während sich der Arbeitgeber auf Art. 12 GG (Berufsfreiheit) berufen kann, hat der Arbeitnehmer ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 I GG).
Ausschließlich dienstliche Nutzung
Gibt es im Unternehmen eine Richtlinie, die den Arbeitnehmern die Nutzung des betrieblichen E‑Mail-Kontos zu privaten Zwecken untersagt, hat der Arbeitgeber im Ernstfall ein Zugriffsrecht. Im Rahmen der oben benannten Interessenabwägung kann sich der Arbeitnehmer in diesen Fällen regelmäßig nicht auf sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder auf eine Verletzung seiner Privatsphäre berufen. Die Rechte und Freiheiten des Arbeitnehmers überwiegen nicht. Wird beim Zugriff auf das betriebliche E‑Mail-Konto bekannt, dass der Arbeitnehmer trotz Verbots private Nachrichten erhalten hat, kann das arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Private Nutzung erlaubt
Ist die private Nutzung des betrieblichen E‑Mail-Kontos ausdrücklich erlaubt worden, sieht sich der Arbeitgeber im Ernstfall Problemen gegenüber. Unabhängig von der strittigen Frage, ob der Arbeitgeber Diensteanbieter im Sinne des § 88 TKG ist und die Kommunikation damit unter das Fernmeldegeheimnis fällt, kommt zumindest die Interessenabwägung nach DSGVO zu dem Ergebnis, den Zugriff auf das Postfach zu untersagen. Privater E‑Mailverkehr fällt in die schützenswerte Privatsphäre des Arbeitnehmers. Bei erlaubter Nutzung darf dieser darauf vertrauen, dass seine Privatsphäre durch den Arbeitgeber gewahrt und geschützt wird. Um ein Zugriffsrecht zu erhalten, muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber entweder von der Wahrung des Fernmeldegeheimnisses befreien oder er willigt in den Zugriff auf sein Postfach ein. An das Zugriffsrecht sind daher hohe Anforderungen zu stellen.
Keine Regelung vorhanden
Wurde im Unternehmen keine Regelung festgelegt, ergibt sich daraus nicht automatisch, dass Arbeitnehmer das betriebliche E‑Mail-Postfach zu privaten Zwecken nutzen dürfen. Der Arbeitgeber sollte jedoch prüfen, ob sich über die Duldung möglicherweise eine „betriebliche Übung“ eingestellt hat. Stellt sich heraus, dass die Arbeitnehmer das Postfach auch zu privaten Zwecken nutzen, sollten Arbeitgeber entscheiden, ob sie die erlaubte bzw. geduldete private Nutzung nicht besser für die Zukunft beenden und eine rein dienstliche Nutzung vorschreiben.
Fazit
Arbeitgeber sind grundsätzlich gut beraten, eine private Nutzung des betrieblichen E‑Mail-Kontos zu untersagen. Ein Verbot der Nutzung kann auch nachträglich ausgeprochen werden. Sollen Arbeitnehmer das E‑Mail-Postfach weiterhin privat nutzen dürfen, sollten Arbeitgeber sicherstellen, sich von der Wahrung des (möglicherweise einschlägigen) Fernmeldegeheimnisses befreien zu lassen und eine Einwilligung in den Zugriff durch den Arbeitgeber in fest definierten Fällen beim Arbeitnehmer einzuholen. Bei der Erstellung der Einwilligungen sind dabei unbedingt die strengen Voraussetzungen des Datenschutzes an eine wirksame Einwilligung zu beachten.
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