Die Qualität von Cookie-Banner hat sich in den vergangenen zwölf Monaten merklich verändert. Die Banner sind mehrschichtiger und komplexer in der Auswahl der Cookies geworden. Teils ist das Individualisieren des Banners mit einem Aufwand verbunden, den Nutzer scheuen oder kaum mehr überblicken. Das Landesgericht Rostock hat sich nun u.a. zur Ausgestaltung der Banner geäußert.
“Die Schaltfläche „Nur notwendige Cookies akzeptieren“ wird von einer Vielzahl der Verbraucher deshalb regelmäßig gar nicht als gleichwertige Einwilligungsmöglichkeit wahrgenommen.” – Eileen Binder
Den Grundstein für die Banner-Ausgestaltungen legte der EuGH mit dem FashionID-Urteil. In dem Urteil hat der EuGH die Anwendbarkeit der europäischen „Cookie-Richtlinie“ für die Bundesrepublik bestätigt (hier geht es zu unseren Beitrag EuGH-Urteil: Werbe-Cookies nur noch mit Einwilligung). Das Urteil war ein Paukenschlag, da seitdem Marketing- und Trackingcookies nach weit herrschender Ansicht nicht mehr ohne (1) aktive und (2) Einwilligung des Nutzers gesetzt werden dürfen. Ganze Geschäftsgrundlagen sind dadurch weggefallen, insbesondere von Werbetreibenden, deren Verkaufssteigerung wesentlich vom Sammeln, Aus- und Verwerten personenbezogener Daten abhing. In der Folge wurden die Banner kreativer weiterentwickelt, um Nutzer scheinbar freiwillig zur Bestätigung aller Marketing- und Trackingcookies zu „schubsen“ (sog. „Nudging“). Nudging wird erreicht, wenn auf die Handlung des Nutzers durch auffällig gestaltete Banner oder Buttons eingewirkt wird. Das kann z.B. durch Farben, Schriftarten, Schriftgrößen, dem Layout oder nicht eindeutiger Schaltflächenbeschreibung („Alle akzeptieren“, „Akzeptieren“, „Zulassen“, u.v.m.) erreicht werden. Das Landesgericht Rostock hat sich im Urteil 3 O 762/19 vom 15.09.2020 u.a. mit gerade dieser Ausgestaltung eines Cookie-Banner beschäftigt.
Der Rechtsstreit
Im Rechtsstreit verlangte der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände von der advocado GmbH im Rahmen geschäftlicher Handlungen Unterlassung von u.a.
„in Telemedien Technologien für das Tracking von Nutzern zu Marketing- und Analysezwecken einzusetzen, die personenbezogene Daten von Nutzern an Dritte übermitteln und dadurch das Verhalten von Nutzern websiteübergreifend nachverfolgen, wenn keine informierte und freiwillige Einwilligung der Nutzer vorliegt.“
Entscheidung des Gerichts
In seiner Entscheidung beleuchtete das LG Rostock die Definition der „Einwilligung“ genauer und bezog sich dabei auch auf das oben erwähnte EuGH-Urteil zum FashionID-Fall, wonach eine wirksame Einwilligung eine in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung sein muss.
Bezogen auf die Gestaltung des Cookie-Banners und das beabsichtigte Nudging durch den Webseitenbetreiber ergeben sich folgende Erkenntnisse aus dem Urteil des LG Rostocks. Eine wirksame Einwilligung liegt nicht vor, wenn
- der Verbraucher zwar die Möglichkeit hat, sich die Details über die eingesetzten Cookies anzeigen zu lassen und einzelne Cookies abzuwählen, er aber regelmäßig den Aufwand eines solchen Vorgehens scheuen und deshalb den „Cookies zulassen“-Button ohne vorherige Information über die Details betätigen wird. Damit weiß der Verbraucher aber gerade nicht, welche Tragweite seine Erklärung hat.
- der Verbraucher zwar auch die Möglichkeit hat, über den Bereich „Nur notwendige Cookies verwenden” seine Einwilligung auf technisch notwendige Cookies zu beschränken, der Button aber aufgrund seiner Ausgestaltung gar nicht als anklickbare Schaltfläche erkennbar ist. Meistens ist diese Option nicht als Button, sondern lediglich als Schriftzug hinterlegt.
- die Schaltfläche „Nur notwendige Cookies akzeptieren“ – meist in hellgrauer Farbe auf weißem Hintergrund in einer geringen Schriftgröße — neben dem farblich dominant unterlegten und damit als vorbelegt erscheinenden „Cookie zulassen”-Button in den Hintergrund tritt. Diese Möglichkeit wird von einer Vielzahl der Verbraucher deshalb regelmäßig gar nicht als gleichwertige Einwilligungsmöglichkeit wahrgenommen werden.
- der Einleitungstext nicht darüber aufklärt, welche Cookies wie vorbelegt sind und damit durch welchen Button bzw. welche Aktion des Verbrauchers, welche Cookies „aktiviert“ werden.
Die aufgezählten Punkte müssen alle erfüllt sein, um einer wirksamen Einwilligung, wie sie der BGH formuliert hat, zu entsprechen.
Fazit
Das Thema Cookie-Banner wird Webseitenbetreiber noch eine Weile beschäftigen und regelmäßig zur Anpassung und Weiterentwicklung ihrer Banner zwingen. Unabhängig davon, ob Sie einen Dienstleister für das Einwilligungsmanagement der Cookies einsetzen oder selbst ein Banner programmiert haben, ist nun wieder ein Zeitpunkt gekommen, um zu prüfen, ob die Ausgestaltung noch den Ausführungen des Gerichts entspricht. Angemerkt sei, dass das Urteil des LG Rostock noch nicht rechtskräftig ist. Unbekannt ist bisher auch, ob Rechtsmittel gegen das Urteil durch die Beklagte eingelegt werden. Die Ausführungen des Gerichts sind jedoch mit Sicherheit zukunftsweisend. Bewusste Irreführungen der Nutzer durch ein Nudging wird immer weniger rechtlich zulässig sein.
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