Am 4. April 2019 hat die Kon­fe­renz der Diö­ze­san­da­ten­schutz­be­auf­trag­ten der Katho­li­schen Kir­che Deutsch­land mit ihrem Beschluss zum Umgang mit Bil­dern von Kin­dern und Jugend­li­chen fast voll­stän­dig neu ein­ge­schätzt und been­det die bis­lang in der Pra­xis der Ein­rich­tun­gen kaum umsetz­ba­re Rege­lungs­en­ge frü­he­rer Beschlüs­se zu die­sem Thema. 

Dass in die­sen Fäl­len immer eine doku­men­tier­te Beur­tei­lung der jewei­li­gen Umstän­de des Ein­zel­falls not­wen­dig ist, wird aus­drück­lich erwähnt, darf jedoch mit Blick auf den Rege­lungs­wil­len der Informations- und Trans­pa­renz­pflich­ten nicht über­ra­schen.” – Mat­thi­as Herkert

Der Beschluss der Diö­ze­san­da­ten­schutz­be­auf­trag­ten macht bereits im ers­ten Satz deut­lich, dass fast ein Jahr nach in Kraft tre­ten des Kirch­li­chen Daten­schutz­ge­set­zes KDG), die bis­lang sehr engen Anfor­de­run­gen zur Ver­ar­bei­tung von Foto­gra­fien von Kin­dern unter 16 Jah­ren zuguns­ten neu­er Aus­le­gun­gen auf­ge­ge­ben werden.

Für die Recht­mä­ßig­keit der Erhe­bung und Spei­che­rung von Bil­dern von Kin­dern und Jugend­li­chen ist es nicht zwin­gend erfor­der­lich, dass eine Ein­wil­li­gung der Sor­ge­be­rech­tig­ten vor­lie­gen muss“.

Das berech­tig­te Inter­es­se tritt aus dem Schat­ten der Einwilligung

Neben der Ein­wil­li­gung der Eltern oder Per­so­nen­sor­ge­be­rech­tig­ten kommt damit auch das berech­tig­te Inter­es­se im Sin­ne des § 6 Abs. 1 lit. g KDG in Betracht. In die­sen Fäl­len ist jeden­falls vor jeder Ver­ar­bei­tung eine Inter­es­sen­ab­wä­gung zwi­schen dem berech­tig­ten Inter­es­se des Ver­ant­wort­li­chen oder eines Drit­ten an der Erhe­bung und Spei­che­rung der Bil­der und dem Inter­es­se bezie­hungs­wei­se den Grund­rech­ten und Grund­frei­hei­ten der betrof­fe­nen Per­son erforderlich.

Wäh­rend die Diö­ze­san­da­ten­schutz­be­auf­trag­ten der Katho­li­schen Kir­che in Ihrem Beschluss mit Bezug auf die Erhe­bung und Spei­che­rung von Bil­dern (ledig­lich) dar­auf ver­wei­sen, dass die Inter­es­sen der Kin­dern und Jugend­li­chen „beson­de­res zu wer­ten und zu berück­sich­ti­gen“ sei­en, befin­det die Lan­des­be­auf­trag­te für den Daten­schutz und für das Recht auf Akten­ein­sicht des Lan­des Bran­den­burg in ihrer Hand­rei­chung zur „Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten bei Foto­gra­fien“ (Ver­si­on 1.1 mit Stand vom 11. Juni 2018), dass, eben­falls bezo­gen auf die Anfer­ti­gung von Foto­gra­fien, ins­be­son­de­re dann von einer über­wie­gen­den Schutz­be­dürf­tig­keit der Betrof­fe­nen­in­ter­es­sen aus­zu­ge­hen sei, wenn Auf­nah­men von Kin­dern gemacht werden.

Im Ergeb­nis dürf­ten bei­de Aus­le­gun­gen für die Pra­xis auf etwa die­sel­ben Anfor­de­run­gen an die Berück­sich­ti­gung der spe­zi­fi­schen Inter­es­sen des abge­bil­de­ten Kin­des wie etwa des­sen Alter, der Zweck der Ver­ar­bei­tung oder die Ein­griffs­in­ten­si­tät sowie die Wahr­schein­lich­keit des Ein­tritts eines Scha­dens hinauslaufen.

Weni­ger offen als in der For­mu­lie­rung bei der Erhe­bung und Spei­che­rung von Bil­dern, for­dern die Diö­ze­san­da­ten­schutz­be­auf­trag­ten für die Ver­ar­bei­tung von Bil­dern durch Über­mitt­lung und Ver­brei­tung eine Ein­wil­li­gung der Per­so­nen­sor­ge­be­rech­tig­ten als regel­mä­ßi­ge Rechts­grund­la­ge. Nur aus­nahms­wei­se kön­ne die Ver­brei­tung auf ein berech­tig­tes Inter­es­se der Ein­rich­tung gestützt werden.

For­de­rung an Kon­kret­heit im Rah­men der Ein­wil­li­gung nimmt ab

Im Beschluss neh­men die obe­ren Daten­schüt­zer der Katho­li­schen Kir­che aus­drück­lich Abstand von der bis­he­ri­gen For­de­rung, dass das kon­kre­te Bild im Zeit­punkt der Unter­zeich­nung der Ein­wil­li­gungs­er­klä­rung vor­lie­gen müs­se. Viel­mehr rei­che es aus, „wenn die Ein­wil­li­gung für kon­kret benann­te Ver­an­stal­tun­gen vor bzw. bei Beginn des Schul- oder Kita­jah­res für das jewei­li­ge Jahr ein­ge­holt“ werde.

Ob für die kon­kre­te Benen­nung dabei neben der Bezeich­nung der Ver­an­stal­tung (z.B. Som­mer­fest, Stern­sin­ger,  Wall­fahrt, Weih­nachts­fei­er) auch die Nen­nung eines defi­ni­ti­ven Zeit­punkts not­wen­dig ist bleibt im Beschluss offen. Da die Zeit­punk­te zu Beginn der Schul- oder Kita­jah­re häu­fig noch nicht bekannt sein wer­den, spricht vie­les dafür, dass eine Anga­be der ein­deu­tig benann­ten Ver­an­stal­tung zumin­dest in Fäl­len, in denen eine Benen­nung des Zeit­raums fak­tisch nicht mög­lich ist, aus­rei­chend sein kann.

Informations- und Transparenzpflichten

Abschlie­ßend wei­sen die Diö­ze­san­da­ten­schutz­be­auf­trag­ten dar­auf hin, dass die gesetz­li­chen Informations- und Trans­pa­renz­pflich­ten in jedem Fall zu beach­ten sei­en. In die­sem Kon­text ver­weist der Beschluss jedoch mit Blick auf Foto­gra­fien bei Ver­an­stal­tun­gen oder ähn­li­chen Ereig­nis­sen aus­drück­lich auf die Aus­nah­me­re­ge­lung des § 15 KDG.

Die inso­weit vor­han­de­ne Infor­ma­ti­ons­pflicht kann [..] nach § 15 Abs. 4 KDG zurück­tre­ten, wenn sich die Ertei­lung der Infor­ma­ti­on auf­grund der unüber­schau­ba­ren Men­ge der Betrof­fe­nen als unmög­lich erweist oder einen unver­hält­nis­mä­ßig gro­ßen Auf­wand erfor­der­lich machen würde.“

Dass in die­sen Fäl­len immer eine doku­men­tier­te Beur­tei­lung der jewei­li­gen Umstän­de des Ein­zel­falls not­wen­dig ist, wird aus­drück­lich erwähnt, darf jedoch mit Blick auf den Rege­lungs­wil­len der Informations- und Trans­pa­renz­pflich­ten nicht überraschen.

Fazit

Nach den recht­li­chen Unsi­cher­hei­ten im Umgang mit Foto­gra­fien von Kin­dern unter 16 Jah­ren in Ein­rich­tun­gen unter kirch­li­cher Trä­ger­schaft ist der aktu­el­le Beschluss der Kon­fe­renz der Diö­ze­san­da­ten­schutz­be­auf­trag­ten der Katho­li­schen Kir­che erfreu­lich prak­ti­ka­bel und gibt, ohne das erfor­der­lich hohe Daten­schutz­ni­veau in den Ein­rich­tun­gen zu gefähr­den, einen Rah­men vor, den die Ver­ant­wort­li­chen nun mit Leben und Anwen­dungs­fäl­len fül­len müssen.

Dabei wird der Beschluss sicher­lich auch eine Aus­strahl­wir­kung auf staat­li­che und pri­vat­wirt­schaft­li­che Kin­der­ta­ges­ein­rich­tun­gen und Schu­len haben, an denen das The­ma eben­falls noch immer für vie­le Dis­kus­sio­nen sorgt (hier­zu auch unser Bei­trag „Foto­gra­fie im Kin­der­gar­ten – noch immer viel Unsi­cher­heit in der Pra­xis“)*.

Die „neue Frei­heit“ soll­te indes nicht zu einem vor­schnel­len oder gar leicht­fer­ti­gen Umgang mit Foto­gra­fien in den Ein­rich­tun­gen füh­ren. Die Begrün­dung des Umgangs mit per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten unter dem Rechts­grund des berech­tig­ten Inter­es­ses for­dert gründ­li­che Abwä­gun­gen und voll­stän­di­ge Inter­es­sen­ab­wä­gung, die auf Anfor­de­rung der Daten­schutz­auf­sichts­be­hör­de nach­ge­wie­sen wer­den müs­sen. Zu einem Teil wird in den Ein­rich­tun­gen daher wohl die Erstel­lung von Ein­wil­li­gungs­er­klä­run­gen durch die Erstel­lung von Doku­men­ta­tio­nen zu Inter­es­sen­ab­wä­gung abge­löst werden.

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Autor des Artikels:

Matthias Herkert

Leiter Fachbereich Consulting und externer Datenschutzbeauftragter