Sei es der Ein­satz von Kame­ras an Pri­vat­häu­sern, die Über­wa­chung von Mit­ar­bei­tern in Ver­kaufs­räu­men, Kame­ras in der Gas­tro­no­mie oder der Ein­satz sons­ti­ger Kame­ra­sys­te­me wie Web­cams, Dash­cams und Droh­nen — die Ein­satz­ge­bie­te kame­ra­ge­stütz­ter Über­wa­chungs­maß­nah­men sind viel­fäl­tig und neh­men rasant zu.

 

Bei der Instal­la­ti­on einer Video­über­wa­chungs­maß­nah­me reicht es nicht aus, sich bloß abs­trakt auf ein berech­tig­tes Inter­es­se zu stüt­zen. Erst die Abwä­gung im kon­kre­ten Ein­zel­fall, sowohl im Hin­blick auf die Inter­es­sen der Ver­ant­wort­li­chen als auch der betrof­fe­nen Per­so­nen, kann die Legi­ti­ma­ti­on der Video­über­wa­chung gege­be­nen­falls begrün­den.” – Mar­kus Spöhr

Mit Ein­füh­rung der DSGVO haben die Dis­kus­sio­nen über den Ein­satz von Video­ka­me­ras wie­der an Fahrt auf­ge­nom­men. Sowohl für die Auf­sichts­be­hör­den als auch für Betrei­ber von Video­über­wa­chungs­sys­te­men ist das The­ma von erheb­li­cher prak­ti­scher Relevanz.

Neben der Erfül­lung der indi­vi­du­el­len Infor­ma­ti­ons­pflich­ten gegen­über den von den Auf­zeich­nun­gen betrof­fe­nen Per­so­nen und der gera­de in die­sen Fäl­len wich­ti­gen Pla­nung der tech­ni­schen Sicher­heit der Sys­te­me und Auf­zeich­nun­gen, ist ins­be­son­de­re die Begrün­dung einer ent­spre­chen­den Rechts­grund­la­ge von beson­de­rer Bedeutung.

Wann ist der Betrieb einer Video­über­wa­chungs­an­la­ge rechtmäßig

Beim Ein­satz eines Video­über­wa­chungs­sys­tems han­delt es sich zwei­fels­oh­ne um eine Daten­ver­ar­bei­tung im Sin­ne der DSGVO, wes­halb die Vor­schrif­ten über den Daten­schutz regel­mä­ßig Anwen­dung finden.

Ledig­lich Kame­ra­sys­te­me, die aus­schließ­lich per­sön­li­chen oder fami­liä­ren Tätig­kei­ten die­nen, sind über das „Haus­halts­pri­vi­leg“ gemäß Art. 2 Abs. 2 lit. b DSGVO vom Anwen­dungs­be­reich der DSGVO aus­ge­schlos­sen. Für alle ande­ren Tätig­kei­ten, meist im beruf­li­chen und wirt­schaft­li­chen Bereich, gilt, dass der Ein­satz der Video­über­wa­chungs­maß­nah­me einen der Rechts­grün­de aus Art. 6 DSGVO erfor­dert. In Betracht kom­men neben dem „berech­tig­ten Inter­es­se“ die „Ein­wil­li­gung“ und die „Erfül­lung einer recht­li­chen Verpflichtung“.

Ein­wil­li­gung

Die Rechts­mä­ßig­keit der Video­über­wa­chung auf eine Ein­wil­li­gung der betrof­fe­nen Per­so­nen im Sin­ne des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO zu stüt­zen, wird in der Pra­xis in den meis­ten Fäl­len kaum mög­lich sein. Und auch die Annah­me einer kon­klu­den­ten Ein­wil­li­gung wür­de hier zu weit gehen, zumal z.B. das Betre­ten eines video­über­wach­ten Bereichs nicht als ein­deu­tig bestä­ti­gen­de Hand­lung zu wer­ten sein wird.

Recht­li­che Verpflichtung

Auch eine recht­li­che Ver­pflich­tung im Sin­ne des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. c DSGVO, wie sie etwa im Kas­sen­be­reich von Ban­ken gege­ben ist, über die eine Video­über­wa­chung recht­mä­ßig wäre, wird nur in weni­gen Aus­nah­me­fäl­len vorliegen.

Berech­tig­tes Interesse

Für die Prü­fung der Recht­mä­ßig­keit der Video­über­wa­chung bleibt somit nur noch die „Gene­ral­klau­sel“ aus Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO. Die Daten­ver­ar­bei­tung ist dann recht­mä­ßig, wenn ein berech­tig­tes Inter­es­se des Ver­ant­wort­li­chen oder eines Drit­ten vor­liegt, die Ver­ar­bei­tung erfor­der­lich ist und die Inter­es­sen oder Grund­rech­te und Grund­frei­hei­ten der betrof­fe­nen Person(en) nicht überwiegen.

Für die Pra­xis gilt in die­sen Fäl­len: Bei der Instal­la­ti­on einer Video­über­wa­chungs­maß­nah­me reicht es nicht aus, sich bloß abs­trakt auf ein berech­tig­tes Inter­es­se zu stüt­zen. Erst die Abwä­gung im kon­kre­ten Ein­zel­fall, sowohl im Hin­blick auf die Inter­es­sen der Ver­ant­wort­li­chen als auch der betrof­fe­nen Per­so­nen, kann die Legi­ti­ma­ti­on der Video­über­wa­chung gege­be­nen­falls begründen.

Ein berech­tig­tes Inter­es­se für eine Video­über­wa­chung könn­te bei­spiels­wei­se der Schutz des Eigen­tums vor Ein­bruch, Dieb­stahl und Van­da­lis­mus sein. Hier­bei soll­te berück­sich­tigt wer­den, dass es nicht aus­rei­chen wird, sich abs­trakt auf den Grund des Dieb­stahl­schut­zes zu stüt­zen. Viel­mehr müs­sen kon­kre­te Anhalts­punk­te oder sogar Gescheh­nis­se in der Ver­gan­gen­heit das berech­tig­te Inter­es­se begrün­den. Rat­sam ist es des­halb, ent­spre­chen­de Gescheh­nis­se sorg­fäl­tig zu dokumentieren.

Erfor­der­lich­keit

Da durch die Video­über­wa­chung die Grund­rech­te der betrof­fe­nen Per­son beein­träch­tigt wer­den, soll­te die Video­über­wa­chung erfor­der­lich sein. Hier­für ist zu prü­fen, ob es alter­na­ti­ve Maß­nah­men gibt, die weni­ger tief in das Recht der betrof­fe­nen Per­son ein­grei­fen. Im Fal­le einer in Betracht kom­men­den Alter­na­ti­ve, die für den Ver­ant­wort­li­chen zum sel­ben Erfolg füh­ren wür­de, ist die­se der Video­über­wa­chung vor­zu­zie­hen. Die Video­über­wa­chung wäre dann nicht rechtmäßig.

Inter­es­sen­ab­wä­gung

Dem Haupt­au­gen­merk im Rah­men der Recht­mä­ßig­keit einer Video­über­wa­chung nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO gehört der Inter­es­sen­ab­wä­gung. Die schutz­wür­di­gen Inter­es­sen der betrof­fe­nen Per­so­nen dür­fen nicht die berech­tig­ten Inter­es­sen der Ver­ant­wort­li­chen überwiegen.

Bei der Gewich­tung der schutz­wür­di­gen Inter­es­sen des Betrof­fe­nen kann ins­be­son­de­re dar­auf zurück­ge­grif­fen wer­den, in wel­chem Bereich die Video­über­wa­chung statt­fin­det und wel­che Ein­griffs­in­ten­si­tät die Maß­nah­me mit sich bringt. Han­delt es sich um einen sen­si­blen Bereich, wie Toi­let­te, Sau­na oder Umklei­de­raum, ist die Video­über­wa­chung auf jeden Fall unzu­läs­sig. Auch bei Indi­vi­du­al­be­rei­chen, die dem per­sön­li­chen Rück­zug die­nen, wie Restau­rants oder Erho­lungs­ein­rich­tun­gen, ist von einer grö­ße­ren Inten­si­tät aus­zu­ge­hen. Fin­det die Video­über­wa­chung hin­ge­gen in öffent­lich zugäng­li­chen Räu­men wie z.B. im Ein­gangs­be­reich eines Hotels oder dem Kun­den­be­reich eines Kauf­hau­ses statt, kann von einer etwas gerin­ge­ren Ein­griffs­in­ten­si­tät aus­ge­gan­gen wer­den. Sind Kin­der von der Video­über­wa­chungs­maß­nah­me betrof­fen, wie­gen die schutz­wür­di­gen Inter­es­sen beson­ders schwer. Eben­so von einer gro­ßen Ein­griffs­in­ten­si­tät kann im Arbeits­ver­hält­nis aus­ge­gan­gen wer­den, wenn die Betrof­fe­nen sich durch die Maß­nah­me einem per­ma­nen­ten Über­wa­chungs­druck aus­ge­setzt fühlen.

Fer­ner soll­te der Ver­ant­wort­li­che im Rah­men sei­ner Inter­es­sen­ab­wä­gung auch auf die Fra­ge ein­ge­hen, ob die betrof­fe­ne Per­son ver­nünf­ti­ger­wei­se mit einer Video­über­wa­chung zu rech­nen hat. Zwar ist eine sol­che Wer­tung sehr sub­jek­tiv. Soll­te zumin­dest ein objek­tiv Drit­ter eine Video­über­wa­chung ver­nünf­ti­ger­wei­se nicht erwar­ten dür­fen, ist die Recht­mä­ßig­keit von vor­ne her­ein zu verneinen.

Eine Sache des Einzelfalls

Nicht zuletzt spielt in der Ein­zel­fall­be­trach­tung die kon­kre­te Aus­ge­stal­tung der Video­über­wa­chungs­maß­nah­men eine bedeu­ten­de Rol­le. Wie lan­ge wird auf­ge­zeich­net? Wer hat Zugriff auf die Auf­nah­men? Wann wer­den die Auf­nah­men gelöscht? Wie vie­le Kame­ras sind im Ein­satz? Han­delt es sich bei den Kame­ras um „Dome-Kameras“, bei denen die Blick­rich­tung und damit der über­wa­chungs­freie Bereich nicht zu sehen ist? Die­se und wei­te­re Fra­gen sind bei der Inter­es­sen­ab­wä­gung aus­rei­chend zu würdigen.

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