Durch Beschluss des Arbeits­ge­richts Lübeck vom 20. Juni 2019 wur­de ein­mal mehr deut­lich, dass bei Ver­öf­fent­li­chun­gen von Mit­ar­bei­ter­fo­tos in sozia­len Netz­wer­ken die Anfor­de­run­gen des Daten­schut­zes voll­stän­dig und nach­weis­lich erfüllt sein müs­sen. Ande­ren­falls kön­nen ein­wil­li­gungs­lo­sen Ver­öf­fent­li­chun­gen von Foto­gra­fien der Beschäf­tig­ten zu emp­find­li­chen Scha­den­er­satz­an­sprü­chen der Betrof­fe­nen führen.

 

 

Auf die Hoff­nung, dass (ehe­ma­li­ge) Arbeit­neh­mer »groß­zü­gig über Geset­zes­ver­stö­ße hin­weg­se­hen«, soll­te sicher­lich kei­ne Online-Strategie auf­ge­baut wer­den.” – Mat­thi­as Herkert

Aus­gangs­si­tua­ti­on

Ein Mit­ar­bei­ter hat­te wäh­rend des lau­fen­den Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­ses bei sei­nem frü­he­ren Arbeit­ge­ber ein­ge­wil­ligt, dass Foto­gra­fien von ihm, auch zusam­men mit sei­nem Namen und sei­ner Stel­len­be­zeich­nung, in betrieb­li­chen Aus­hän­gen sowie auf der Home­page des Unter­neh­mens ver­öf­fent­licht wer­den dür­fen. Nach sei­nem Aus­schei­den wider­ruft der ehe­ma­li­ge Mit­ar­bei­ter sei­ne Ein­wil­li­gung und for­dert den frü­he­ren Arbeit­ge­ber zur Löschung die­ser Daten auf. Spä­ter bemerkt er, dass sein ehe­ma­li­ger Arbeit­ge­ber auch Fotos von Ihm auf dem Facebook-Auftritt des Unter­neh­mens gepos­tet hat. Auch in die­sem Fall löscht der frü­he­re Arbeit­ge­ber die Daten auf Anfor­de­rung, der Betrof­fe­ne ver­klagt den Arbeit­ge­ber jedoch wegen des ihm ent­stan­de­nen imma­te­ri­el­ler Scha­dens auf Scha­den­er­satz nach Arti­kel 82 Abs. 1 DSGVO.

Beschluss des Arbeits­ge­richts Lübeck

Das Arbeits­ge­richt Lübeck befass­te sich Ende Juni 2019 im Rah­men der Prü­fung der hin­rei­chen­den Erfolgs­aus­sich­ten der Haupt­sa­che vor Gewäh­rung von Pro­zess­kos­ten­hil­fe mit der Fra­ge (Beschluss vom 20.06.2019 — 1 Ca 538/19) und bejah­te einen Scha­den­er­satz­an­spruch des Betrof­fe­nen wegen ein­wil­li­gungs­lo­ser und daher daten­schutz­wid­ri­ger Ver­öf­fent­li­chung von Bild­nis­sen im Inter­net in Höhe von 1.000 Euro. Aus­drück­lich hebt das ArbG Lübeck her­vor, dass das Vor­lie­gen einer schwer­wie­gen­de Per­sön­lich­keits­rechts­ver­let­zung kei­ne Anspruchs­vor­aus­set­zung für die Anwen­dung des Art. 82. Abs. 1 DSGVO sei.

Rechts­grund für die Ver­öf­fent­li­chung von Fotos auf Facebook

Im Beschluss kommt das ArbG Lübeck zutref­fend zu der Ansicht, dass die Ver­öf­fent­li­chung der Foto­gra­fie nicht auf die spe­zi­al­ge­setz­li­che Rege­lung des § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG gestützt wer­den kön­ne. So sei die Ver­öf­fent­li­chung der Foto­gra­fie für die Durch­füh­rung des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­ses nicht »erfor­der­lich« son­dern allen­falls nütz­lich und hilfreich.

Auch ein über­wie­gen­des berech­tig­tes Inter­es­se des ehe­ma­li­gen Arbeit­ge­bers an der Facebook-Veröffentlichung i.S.d. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit f DSGVO schei­de aus, da im Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis, jeden­falls bezüg­lich einer Foto­ver­öf­fent­li­chung, das Inter­es­se des Beschäf­tig­ten am Schut­zes sei­nes Per­sön­lich­keits­rechts und der  Wah­rung sei­ner infor­ma­tio­nel­len Selbst­be­stim­mung stets überwiege.

Die Ver­öf­fent­li­chung kön­ne daher nur auf eine Ein­wil­li­gung des Betrof­fen gemäß § 26 Abs. 2 BDSG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 lit. a, 9 Abs. 2 lit. a DSGVO gestützt werden.

Vor­lie­gend gab es zwar eine (for­mal man­gel­haf­te) Ein­wil­li­gung des Betrof­fe­nen in die Ver­öf­fent­li­chung von iden­ti­schen Foto­gra­fien auf der Home­page des frü­he­ren Arbeit­ge­bers, die­se kön­ne indes nicht kon­klu­dent auf sozia­le Netz­wer­ke wie Face­book über­tra­gen werden.

Fazit

Auch wenn das spä­te­re Haupt­ver­fah­ren vor­lie­gend durch einen Ver­gleich been­det und soweit kei­ne wei­te­re Klä­rung erreicht wur­de, macht der Beschluss des ArbG Lübeck doch deut­lich, dass die Ver­öf­fent­li­chung von Foto­gra­fien von Beschäf­tig­ten auch aus Sicht der Gerich­te stets eine Ein­wil­li­gung des Betrof­fe­nen voraussetzt.

Die Ein­wil­li­gung muss sich hier­bei auf das kon­kre­te Ziel­me­di­um bezie­hen, der Beschäf­tig­te ist über den ver­folg­ten Zweck der Daten­ver­ar­bei­tung und über sein Wider­rufs­recht  nach­weis­lich zu beleh­ren (§ 26 Abs. 2 S. 4 BDSG, Art. 5 Abs. 2 DSGVO) und die Ein­wil­li­gung muss schrift­lich oder elek­tro­nisch erfol­gen (§ 26 Abs. 2 S. 3 BDSG), da die Pri­vi­le­gie­rung durch »beson­de­re Umstän­de« regel­mä­ßig nicht gege­ben sein wird.

Für Arbeit­ge­ber macht der Beschluss damit noch­mals deut­lich, dass neben hohen Geld­bu­ßen durch Auf­sichts­be­hör­den auch Scha­den­er­satz­an­sprü­che betrof­fe­ner Beschäf­tig­ter dro­hen, wenn die gesetz­li­chen Vor­ga­ben des Daten­schut­zes nicht oder nicht voll­stän­dig beach­tet wer­den. Und auf die Hoff­nung, dass (ehe­ma­li­ge) Arbeit­neh­mer hier »groß­zü­gig über Ver­stö­ße hin­weg­se­hen«, soll­te sicher­lich kei­ne Online-Strategie mehr auf­ge­baut werden.

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Autor des Artikels:

Matthias Herkert

Leiter Fachbereich Consulting und externer Datenschutzbeauftragter