Dürfen Arbeitgeber Kopien der Führerscheine ihrer Mitarbeiter anfertigen, wenn das Unternehmen Firmenwagen zur Verfügung stellt? Es kommt drauf an! Zum einen auf den Zweck der Kopien, zum anderen aber maßgeblich auf die Rechtsgrundlage.
“Allerdings gibt es auch „mildere Mittel“ als eine Führerscheinkopie, wie etwa die Vorlage der Fahrerlaubnis nebst Vermerk hierüber, z.B. in der Personalakte des Betroffenen.” – Eileen Binder
Personenbezogene Daten dürfen nur dann verarbeitet werden, wenn eine Rechtsgrundlage dies erlaubt. Die DSGVO hält in Art. 6 einen Katalog an möglichen Rechtsgrundlagen bereit. Daneben lohnt sich jedoch auch ein Blick in das nationale Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). So regelt etwa § 26 BDSG, dass personenbezogene Daten verarbeitet werden dürfen, wenn die Verarbeitung für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist.
Bei der Frage nach der Erforderlichkeit von Führerscheinkopien geht es nicht darum, ob der Arbeitgeber den Führerschein kontrollieren darf oder muss. Das Recht zur Kontrolle ergibt sich aus § 21 Abs. 1 S. 2 StVG. Vereinfacht gesagt, haftet der Halter des Fahrzeugs, wenn er anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, ohne dass dieser die erforderliche Fahrerlaubnis besitzt. Allerdings beantwortet das nicht die Frage, ob für eine wirksame Kontrolle der Fahrerlaubnis eine Führerscheinkopie notwendig ist.
Zur Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich, § 26 BDSG
Fraglich ist also, ob die Führerscheinkopie als datenschutzrechtliche Verarbeitung erforderlich ist, um das Beschäftigungsverhältnis mit dem Betroffenen durchzuführen. Wann eine Verarbeitung erforderlich ist, beurteilt sich im deutschen Recht nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Erforderlich ist eine Verarbeitung dann, wenn sie geeignet ist den verfolgten Zweck zu erfüllen („Geeignetheit“), es kein milderes und gleich geeigentes Mittel für die Zweckerreichung gibt („Erforderlichkeit“) und die Verarbeitung angemessen ist, d.h. nicht außer Verhältnis zum Zweck steht („Angemessenheit“).
Ob eine Kopie des Führerscheins geeigent ist, den Zweck zu erfüllen, beantwortet sich, wenn man den diesen genauer betrachtet. Der Zweck der Verarbeitung liegt nicht darin, die Fahrerlaubnis zu prüfen, sondern darin, die Haftung des Fahrzeughalters zu vermeiden. Daher kann eine Kopie des Führerscheins durchaus geeignet sein, um diesen Zweck zu erreichen.
Allerdings gibt es auch „mildere Mittel“ als eine Führerscheinkopie, wie etwa die Vorlage der Fahrerlaubnis nebst Vermerk hierüber, z.B. in der Personalakte des Betroffenen. Das Gegenargument, der Arbeitgeber könne dann nicht nachweisen, dass der Beschäftigte ein Fahrzeug führen darf, hält nicht stand. Denn die Kopie führt nur zu einer Momentaufnahme. Sie dokumentiert lediglich die Prüfung der Fahrerlaubnis, ist also ein geeinetes Mittel für die Beweisführung der Fahrerlaubnis, stellt aber nicht sicher, dass der Beschäftigte die Erlaubnis auch für die Zeit danach behält. Die Kopie ist also nicht erforderlich und bei genauer Betrachtung auch kaum geeignet, die Halterhaftung dauerhaft zu vermeiden.
Damit ist die Führerscheinkopie im Ergebnis nicht zur Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses nach § 26 BDSG erforderlich und eignet sich nicht als Rechtsgrundlage.
Rechtliche Verpflichtung, Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit c DSGVO
Eine Verpflichtung zur Anfertigung einer Kopie ergibt sich weder aus dem StVG noch ist eine andere gesetzliche Rechtsgrundlage ersichtlich.
Berechtigtes Interesse, Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e DSGVO
Da ähnlich wie bei der Erforderichkeit im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses auch im Rahmen des berechtigten Interesses eine Güterabwägung nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vorzunehmen ist, wird man wohl auch hier nicht zu dem Schluss kommen, der Arbeitgeber hätte ein berechtigtes Interesse an der Anfertigung einer Kopie zur Vermeidung der Halterhaftung. Zumal die Anfertigung von Führerscheinkopien und die Ablage der Kopien in den Personalakten sicherlich auch keine Organisationserleichterung oder Kosteneinsparung begründen würden, auf die ein berechtigtes Interesse möglicherweise gestützt werden könnte.
Dann fragt der Arbeitgeber eben danach – die Einwilligung, Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO
Ob Beschäftigte im Arbeitsverhältnis überhaupt auf freiwilliger Basis eine Einwilligung abgeben können, darüber wird viel diskutiert. Unabhängig davon stellt sich aber hier die Frage, was denn die Konsequenz wäre, wenn der Beschäftigte die Einwilligung verweigert. Muss ihm dann generell die Nutzung der Firmenfahrzeuge untersagt werden? Eindeutig kann das nicht beantwortet werden.
Fazit
Es kann nicht eindeutig beantwortet werden, auf welcher Grundlage Führerscheinkopien für den Nachweis der Fahrerlaubnis zulässig sein könnten. Es kann Fälle geben, in denen bei entsprechend geschickter Argumentation beispielsweise ein berechtigtes Interesse an einer Nachweisführung mittels Kopie begründet werden kann. Hierbei wird es sich jedoch um Ausnahmefälle handeln, z.B. wenn die Nutzung des Firmenwagens mit entsprechenden Nachweisführungen im Arbeitsvertrag geregelt werden. In allen anderen Fällen ist es für Arbeitgeber einfacher, sie lassen sich den Führerschein vorzeigen und vermerken dies nebst Unterschrift des Beschäftigten in der Personalakte.
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